Darf man während einer Krankheit arbeiten?

Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet bzw. es ist ihm unmöglich, bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit seine Arbeitsleistung zu  erbringen.
Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit fehlt der  Arbeitnehmer damit „entschuldigt“.

Die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ist eine Ausnahme vom Grundsatz  "kein Lohn ohne Arbeit". Das Entgeltfortzahlungsgesetz gibt dem kranken  Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für
die Dauer von bis zu sechs Wochen (§ 3 EFZG). Umgekehrt ist der  Arbeitnehmer verpflichtet, seine Arbeitsleistung zu erbringen, wenn er  nicht krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist. Nach Beendigung der  krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ist der Arbeitnehmer  verpflichtet, sich unverzüglich beim Arbeitgeber zurückzumelden und seine Arbeitsleistung anzubieten. Dies kann auch dadurch erfolgen, dass der Arbeitnehmer schlicht seine Arbeit wieder aufnimmt.Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens nach 3-tägiger Krankheit dem Arbeitgeber vorzulegen. Hiervon kann arbeitsvertraglich abgewichen werden und bereits ab dem ersten Krankheitstag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arbeitnehmer verlangt werden. Nach §5 Abs. 1 EFZG ist auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch die voraussichtliche Dauer der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit mit anzugeben. Dabei handelt es sich um eine ärztliche Prognose. Die Arbeitsunfähigkeit kann tatsächlich kürzer oder länger dauern. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist ein Beweis des Arbeitnehmers, dass er krank und arbeitsunfähig ist. Ein krankgeschriebener Arbeitnehmer darf – auch ohne "Gesundschreibung" – arbeiten. Die
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung enthält kein Beschäftigungsverbot und ist eine Prognose zu Beginn der Krankheit. Entgegen der Prognose kann die Genesung des Arbeitnehmers aber auch schneller eintreten. Eine ärztliche Gesundschreibung ist möglich. Aus den arbeitsrechtlichen Vorschriften ergibt sich jedoch keine Pflicht zu einer solchen ärztlichen Gesundschreibung.
Den Arbeitgeber treffen jedoch Fürsorgepflichten. Hat der Arbeitgeber Kenntnis von der tatsächlich bestehenden Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, darf er weder unangemessene Arbeitsleistung abfordern noch wissentlich entgegennehmen. Vielmehr muss der Arbeitgeber gemäß einer älteren Entscheidung des LAG Hamm aus dem Jahr 1988 den Arbeitnehmer von der Arbeit abhalten. Gegebenenfalls könnte der Arbeitnehmer schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber versichern, dass er arbeitsfähig ist. Der Arbeitgeber ist damit nicht berechtigt, Arbeitsleistung eines offensichtlich arbeitsunfähigen Arbeitnehmers anzunehmen. Der Arbeitgeber hat dabei nicht nur seine betrieblichen
Interessen und die Interessen des kranken Arbeitnehmers, sondern auch die Interessen der anderen Arbeitnehmer (Ansteckungsgefahr etc.) zu berücksichtigen.

Für Arbeitnehmer besteht auch dann Versicherungsschutz, wenn die Arbeit trotz bestehender Krankschreibung wieder aufgenommen wird.
Dies gilt sowohl für Wegeunfälle als auch für Unfälle an der Arbeitsstätte. Verstößt der Arbeitgeber jedoch gegen seine Fürsorgepflicht, d.h. lässt er Arbeitnehmer trotz Kenntnis der Arbeitsunfähigkeit arbeiten und
geschieht aus diesem Grund (z.B. Schwindel bei starkem Fieber) ein Unfall, kann sich die Haftung der Versicherung zu Lasten des Arbeitgebers verschieben.